Drohendes Verbot, mangelnde Finanzquellen und schwere Grabenkämpfe: Die Luft für die NPD wird dünner, ihre Gefährlichkeit bleibt
Von Markus Bernhardt
Die neofaschistische NPD steckt nach wie vor in einer schweren Krise. Zusätzlich zu schweren innerparteilichen Querelen droht der rassistischen Partei in Kürze auch ein neues Verbotsverfahren. So wollen die Bundesländer offenbar noch im Dezember ihren NPD-Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Damit der neuerliche Anlauf nicht – wie im Jahr 2003 geschehen – an der Verstrickung von V-Leuten scheitert, wollen die Landesinnenminister den Karlsruher Richtern nun versichern, daß sich in dem zusammengetragenen Beweismaterial, welches die Verfassungsfeindlichkeit und »aggressiv-kämpferische« Grundhaltung der Neonazis belegen soll, keinerlei Informationen von verdeckten Ermittlern finden.
Während der Bundesrat den Antrag noch vor Weihnachten in Karlsruhe einreichen will, warnte Hans-Jürgen Papier, der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, vor wenigen Tagen vor einem nochmaligen Scheitern. »Ob ein neuerliches, von den Bundesländern initiiertes Verbotsverfahren – ungeachtet der V-Leute-Problematik – wegen der äußerst strengen materiellen Anforderungen von Erfolg gekrönt sein kann, erscheint fraglich«, schrieb er kürzlich in einem Gastbeitrag für das Internet-Portal Deutsch-Türkisches Journal.
Die Furcht vor einem Mißerfolg greift vor allem in der CDU um sich. Diese wehrt sich darum auch gegen Versuche von Sozialdemokraten und einzelnen CSU-Politikern, die kommende Bundesregierung – die wohl aus CDU/CSU und SPD bestehen wird – doch noch zur Unterstützung des Verbotsantrages zu bewegen. Anders als aktuell war die erste Initiative 2003 noch von Bundestag und Bundesrat auf den Weg gebracht worden.
Welchen genauen Verlauf das kommende Verfahren auch immer nehmen wird, klar ist schon jetzt, daß die Luft für die neofaschistische Partei immer dünner wird. So entschied das Bundesverfassungsgericht am Montag, daß die Partei zunächst keine Finanzmittel mehr aus der staatlichen Parteienfinanzierung bekommen soll und der Bundestag eine eigentlich für 15. November vorgesehene und vierteljährlich erfolgende Abschlagszahlung an die NPD mit einer ausstehenden Strafzahlung der Neofaschisten verrechnen dürfe. Wegen Fehlern im Rechenschaftsbericht der Partei für das Jahr 2007 schuldet die NPD dem Bundestag noch ein Strafgeld von insgesamt 1,27 Millionen Euro.
Die Entscheidung der Karlsruher Richter trifft die Neofaschisten schwer. Da der Kreis um den NPD-Bundesvorsitzenden Holger Apfel innerparteilich immer stärker unter Druck gerät und daher in naher Zukunft Erfolge vorweisen sollte, wird nun ein erfolgreiches Abschneiden bei der Wahl zum Europäischen Parlament im Mai nächsten Jahres angepeilt.
Dies gilt tatsächlich nicht als ausgeschlossen, da das Bundesverfassungsgericht Ende 2011 die bei den bisherigen Wahlen bestehende Fünf-Prozent-Hürde gekippt hat. Sollte es dem Parteiflügel um Apfel hingegen nicht gelingen, bei den EU-Wahlen zumindest einen Achtungserfolg zu erzielen, dürften seine Tage als Bundesvorsitzender gezählt sein. Schließlich steht noch immer Udo Voigt, Apfels Vorgänger, in den Startlöchern, um auf seinen alten Posten zurückzukehren.
Unter zunehmenden Erfolgsdruck war die Partei in den letzten Monaten außerdem geraten, weil mit der Gründung der ebenfalls offen neofaschistischen Partei Die Rechte durch den bundesweit aktiven rechten Kader Christian Worch eine ernstzunehmende Konkurrenz im neonazistischen Lager entstanden ist.
Unterdessen warnte Heinrich Fink, ehemaliger Rektor der Berliner Humboldt-Universität, am Dienstag im Gespräch mit jW davor, die NPD aufgrund ihrer »derzeitig desolaten Situation vorzeitig abzuschreiben«. »Die in manchen Kommunen von der NPD angezettelte Pogromstimmung gegen Flüchtlinge sollte uns beunruhigen und dazu bringen, unsere Forderung nach einem NPD-Verbot noch offensiver zu propagieren«, konstatierte Fink. Daß die Partei schnellstmöglich verboten werden müsse, stehe außer Frage. »Dies entläßt den Staat jedoch keinesfalls aus seiner Verantwortung«, so der Theologe. Schließlich seien die Verstrickungen von Polizei und Geheimdiensten in den rechten Terror alles andere als aufgeklärt.
Während die Mehrheit der bundesdeutschen Gesellschaft und der politischen Parteien ein Verbot der NPD befürwortet, macht die sächsische Landeszentrale für politische Bildung aktuell mit Negativschlagzeilen von sich reden. Sie hat die Neofaschisten gemeinsam mit den anderen im Landtag vertretenen Parteien am 20. November zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Thema: »Schneller, höher, älter – Sachsen 2030«.
http://www.jungewelt.de/2013/11-14/032.php