Brunnen wurden gebaut, Mädchenschulen eröffnet und stolz zeigte das deutsche Fernsehen Anfang 2002, wie junge Frauen in Afghanistan vor laufender Kamera ihre Verschleierung ablegten. Die Taliban waren weg, jetzt konnte das Paradies der Demokratie beginnen.
Die Verteidigung Deutschlands am Hindukusch, wie es einst SPD-Bundesverteidigungsminister Peter Struck formulierte, ist eine absolute Erfolgsgeschichte. Das illustriert eine Meldung, die am Montag von dpa verbreitet wurde. In der nordafghanischen Provinz Baghlan, wo die Bundeswehr bis zum vergangenen Juni die ordnungsgemäße Befolgung der Demokratie überwachte, hat ein Vater seine Tochter und deren Freund erschossen. Ein »Stammesrat« habe beschlossen, daß das Liebespaar sterben müsse, weil es eine »außereheliche Beziehung« eingegangen sei. Polizeisprecher Ahmad Dschawid Bascharat versicherte, seine Beamten suchten den Täter. Er sagte jedoch nicht, ob diesem eine Strafe droht.
Wohl weniger, denn ebenfalls am Montag berichtete dpa, die afghanische Regierung wolle Steinigung als gesetzliche Strafe wieder offiziell einführen. Geahndet werden sollen damit »moralische Verbrechen« wie außerehelicher Geschlechtsverkehr. Wie »Human Rights Watch« erklärte, solle die Todesstrafe durch Steinigung vollzogen werden, wenn mindestens einer der Partner Ehebruch begangen habe. Wenn beide unverheiratet seien, solle die Strafe 100 Peitschenhiebe betragen.
Ist das gemeint, wenn das Auswärtige Amt in Berlin auf seiner Homepage schreibt: »Die Staatengemeinschaft wird Afghanistan auch nach Abzug der internationalen Kampftruppen Ende 2014 nicht im Stich lassen. (…) Die afghanische Regierung wird dafür wichtige Reformen vorantreiben müssen, die dem afghanischen Volk zu nachhaltigem Wohlstand in einer stabilen Demokratie verhelfen.«? (scha)jw
