Stromlobby Kontra geben

Stromlobby Kontra geben

26.11.2013 18:35

Am Samstag findet in Berlin eine Großdemonstration für Atomausstieg und Energiewende statt. Umzingelung des Kanzleramts geplant
Von Reimar Paul


In den Koalitionsverhandlungen brütet die von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) geleitete Arbeitsgruppe zur künftigen Energiepolitik aus Sicht der Anti-AKW- und Umweltbewegung nichts Gutes aus. Es drohten im günstigsten Fall vier Jahre Stillstand, heißt es bei den Initiativen. Schlimmstenfalls werde die Energiewende unwiderruflich erstickt.

Indem sie einer »Reform der Ener­giewende« das Wort redeten, dächten Sozial- wie Christdemokraten nicht etwa an eine Beschleunigung des Atomausstiegs, merkt etwa die Anti-Atom-Organisation »Ausgestrahlt« an. Tatsächlich liefen die Pläne dieser Parteien auf ein »Weiter so« bei Kohle und Atom hinaus. Die Lobbyisten der Stromkonzerne seien derzeit in Berlin so aktiv wie lange nicht, hat »Ausgestrahlt«-Sprecher Jochen Stay beobachtet. Sie sähen die Chance, das Rad zu bremsen oder gar zurückzudrehen.

Bleibt es bei dem Fahrplan für den ohnehin viel zu zögerlichen Atomausstieg, soll in der kommenden Legislaturperiode nur eines der neun noch laufenden AKW abgeschaltet werden: Der Reaktor im bayrischen Grafen­rheinfeld. Deutschland bliebe also allem Ausstiegsgerede zum Trotz nach Frankreich zweitgrößter Atomstromproduzent in der EU. Die Urananreicherungsanlage in Gronau und die Brennelementefabrik in Lingen, die AKW auf der ganzen Welt mit frischem »Brennstoff« versorgen, sind vom Ausstieg ohnehin ausgenommen.

Dabei will eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger, daß der Atomausstieg beschleunigt wird. In einer repräsentativen Emnid-Umfrage im Auftrag von »Ausgestrahlt« erklärten 56 Prozent der Befragten, sie seien dafür, die letzten Atomkraftwerke früher als 2022 abzuschalten. 41 Prozent sind dagegen. Auch unter den Wählern von CDU/CSU und SPD sind 52 Prozent für einen schnelleren Ausstieg und nur 45 Prozent dagegen.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) äußerte am Wochenende »große Sorgen«, daß die Stromkonzerne zum Ende des Reaktorbetriebs nicht mehr mit letzter Konsequenz auf die Sicherheit ihrer Kraftwerke bestehen. Aktuelles Beispiel sei die Tatsache, daß bis heute weder von den Reaktorbetreibern noch von den Sicherheitsbehörden irgendwelche Konsequenzen aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Schleswig gezogen worden seien, mit dem die Richter am 19. Juni 2013 dem Castorzwischenlager Brunsbüttel die Betriebsgenehmigung entzogen hatten.

Die Frage, ob das Zwischenlager, in dem hoch radioaktive Brennelemente in Castorbehältern gelagert werden, einem gezielten Angriff mit einem Großraum-Passagierflugzeug vom Typ Airbus A 380 oder panzerbrechenden Waffen standhalten kann, sei erst nachträglich geprüft und das entsprechende Gutachten anschließend von der Bundesregierung als geheim eingestuft worden.

Nach Überzeugung der Umwelthilfe muß das Urteil auch für die noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke Konsequenzen haben. »Bei ihnen wurde unseres Wissens nicht einmal nachträglich geprüft, was passiert wenn ein terroristischer Angriff mit einer voll getankten A 380 oder mit einer panzerbrechenden Waffe erfolgt«, sagte die Leiterin Energie und Klimaschutz der DUH, Cornelia Ziehm.

Beschleunigung von Atomausstieg und Energiewende – unter diesem Motto steht denn auch die Großdemonstration am Samstag in Berlin, zu der zahlreiche Verbände und Initiativen aufgerufen haben. Nach einer Auftaktkundgebung am Hauptbahnhof sind ein Zug durch das Regierungsviertel und eine Umzingelung des Kanzleramtes geplant. Die Veranstalter rechnen mit Tausenden Teilnehmern.

www.ausgestrahlt.de
jw

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  • Erstellt von Netpress-Admin In der Kategorie Allgemein am 26.11.2013 18:35:00 Uhr

    zuletzt bearbeitet: 26.11.2013 18:35
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