Undurchsichtiger Behördenmoloch

Undurchsichtiger Behördenmoloch

15.11.2013 18:41

Bundesarbeitsministerium läßt nachforschen, wofür Jobcenter ihr Geld tatsächlich verwenden
Von Susan Bonath


Pöstchen verteilen, durch den Paragraphendschungel streifen und umfassende Überwachung Erwerbsloser betreiben: Die im Zuge der Agenda 2010 aus dem Boden gestampften 410 Jobcenter in der BRD haben weitaus mehr zu tun, als ihren »Kunden« Arbeitsplätze zu besorgen. Und offenbar entwickeln sie sich zu einem riesigen Selbstverwaltungsmoloch. Obwohl die Mittel für deren eigentliche Hauptaufgabe, nämlich Erwerbslose in Arbeit zu bringen, seit 2010 drastisch gekürzt wurden, steigen die Gesamtausgaben für das bürokratische Gebilde. Wohin das Geld im einzelnen fließt, soll das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) feststellen. Doch damit ist es offensichtlich überfordert. So will es nun mit einem Forschungsauftrag Klarheit gewinnen. Das geht aus Recherchen des Vereins Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) hervor, die in dieser Woche veröffentlicht wurden.

Dessen Berechnungen zufolge werden die Gesamtkosten für den Verwaltungsapparat im Jahr 2013 voraussichtlich über 5 Milliarden Euro betragen. 3,8 Milliarden davon dürften allein in die 304 Jobcenter fließen, die gemeinsam von der Bundesagentur für Arbeit (BA) und den Kommunen verwaltet werden, so das BIAJ. Seit April 2011 beträgt der Anteil des Bundes an diesen Ausgaben 84,2 Prozent. Den Rest haben die Kommunen zu tragen.

»Undurchsichtige Verwaltungskosten« kritisierte der Bundesrechnungshof bereits in den Jahren 2006 und 2007. Die Zahlen des BMAS wiesen demnach »erhebliche Mängel« auf. Durch unterschiedliche Verfahren der Abrechnung einzelner Grundsicherungsträger seien genaue Geldflüsse nicht zurück zu verfolgen und doppelte Zahlungen nicht ausgeschlossen, bemängelte der Rechnungshof.

Schließlich verpflichtete die Prüfbehörde das BMAS im Juli 2011, ab 2012 Jahresberichte über die konkrete Verwendung der Mittel vorzulegen. Geregelt ist das in einer Verwaltungskostenfeststellungsverordnung. Ein solcher Bericht aber existiere bisher nicht, so das BIAJ. Statt dessen schrieb das BMAS im Juli 2013 einen Forschungsauftrag aus, der bis zum August 2014 endlich Klarheit bringen soll. Darin räumt das Ministerium ein, daß ihm »kaum Kenntnisse« vorlägen, ob die einzelnen Jobcenter die Verordnung umgesetzt hätten. Aufgrund einzelner Rückfragen sei von »Unsicherheit und Unwissen über sachgerechte Kostenzuordnung« auszugehen. Es müsse geklärt werden, ob »die Dienstleistungs­angebote transparent und bedarfsgerecht auf die Einrichtungen zugeschnitten sind«. Dem BMAS sei »nicht sicher bekannt«, wie hoch der Anteil der Mittel für Eingliederungsmaßnahmen sei. Das betreffe auch das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder aus Familien im Hartz-IV-Bezug.

»Der unter anderem mit der Mischfinanzierung der Jobcenter durch Bund und Kommunen verbundene systematische Wahnsinn ließ sich bisher offenbar weder erfassen noch steuern«, kommentierte Paul M. Schröder vom BIAJ die geplanten Nachforschungen. Offensichtlich sehe das BMAS dies aber nicht als drängendes Problem. So habe das Ministerium seinen Recherchen zufolge Unklarheiten bisher durch Umschichtungen von Mitteln zur Eingliederung Erwerbsloser in das Verwaltungsbudget gelöst

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  • Erstellt von Netpress-Admin In der Kategorie Allgemein am 15.11.2013 18:41:00 Uhr

    zuletzt bearbeitet: 15.11.2013 18:41
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