»Es trifft sich das ›Europa von unten‹«

»Es trifft sich das ›Europa von unten‹«

22.11.2013 11:11

Blockupy 2014: Aktionskonferenz gegen die herrschende Krisenpolitik in Frankfurt am Main. Gespräch mit Christian Linden
Interview: Gitta Düperthal


Christian Linden ist Sprecher des »Ums Ganze Bündnis«, das gemeinsam mit ATTAC, der Interventionistischen Linken und Occupy Frankfurt die europäische Aktionskonferenz organisiert

Ab heutigem Freitag versammeln sich Hunderte Aktivisten in Frankfurt am Main unter dem Motto »Ungehorsamer Widerstand für Demokratie ohne Kapitalismus« zur europäischen Blockupy-Aktionskonferenz. Zum Auftakt wird es eine Lärmdemo gegen die seit Montag stattfindende Euro Finance Week geben. Wogegen richtet sich der Protest?

Die Euro Finance Week ist das größte Branchentreffen der Finanz- und Versicherungsindustrie in Europa. Wir beginnen deshalb mit einer Kundgebung vor der Alten Oper in Frankfurt am Main, wo der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ihre neoliberalen Konzepte präsentieren. Vertreter der Branche und Politiker werden dort politische Richtungsentscheidungen treffen. Akteure der autoritären europäischen Krisenregimes stimmen sich miteinander ab. Was sie dort beschließen, richtet sich gegen die Interessen der Bevölkerung in Europa: Die Menschen brauchen eine gute Gesundheitsversorgung und Arbeit, von der sie leben können – was es unter der hier ausgeklügelten Austeritätspolitik nicht geben wird. Wir rufen dazu auf, Gegenstände mitzubringen, mit denen wir Krach machen können. Es trifft sich das »Europa von unten«, um all dem etwas entgegenzusetzen. Im Anschluß an die Kundgebung werden wir die Europäische Zentralbank aufsuchen – sowie die Baustelle des neuen EZB-Sitzes, der im kommenden Jahr eröffnet wird.
Die Aktionskonferenz dauert bis Sonntag an – aus welchen europäischen Ländern und welchen politischen Spektren kommen die Teilnehmer?

Angekündigt haben sich Aktivisten aus mehr als 15 Ländern, unter anderem aus Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland, Irland, Ungarn und den skandinavischen Ländern. Einzelpersonen sowie Vertreter linker Bündnisse werden teilnehmen, wie beispielsweise des »Global Projects« in Italien. In Deutschland ist das Spektrum der Krisenprotestler zwischen ATTAC und radikaler Linker breit gefächert, so wie auch in den anderen europäischen Ländern.
Wird es Streit um unterschiedliche Vorstellungen von den Krisenprotesten geben?

Nach den Erfahrungen der rigorosen Umsetzung der europäischen Krisenpolitik und der massiven Polizeirepression bei den Blockupy-Protesten in diesem und im vergangenen Jahr in Frankfurt am Main zeichnet sich ab: Sowohl in Deutschland als auch unter den internationalen Aktivisten gibt es in unterschiedlichen Protestspektren Konsens. Freilich gibt es unterschiedliche Schwerpunkte; wir vom »Ums Ganze Bündnis« engagieren uns etwa gerade stark im Widerstand gegen die inhumane Flüchtlingspolitik – uns alle eint das Eintreten für ein soziales Europa und der Widerstand gegen die Austeritätspolitik.
Bekanntermaßen rüstet die Polizei in der Bankenmetropole auf, sobald das Blockupy-Bündnis zum Demonstrieren aufruft. Ist derzeit noch alles ruhig?

Ja. Ich gehe nicht davon aus, daß die Polizei diesmal überreagieren wird. Wir machen eine Ortserkundung, um die Blockupy-Aktionstage 2014 einzuläuten. Letztere werden vermutlich konfrontativer ablaufen, wenn wir die Eröffnung der neuen EZB kritisch begleiten. In unserem Bündnis gibt es erfahrungsgemäß große Geschlossenheit, uns nicht spalten zu lassen. Wir haben so eine gute Grundlage, unsere künftigen Proteste gemeinsam zu planen. Möglicherweise werden wir auch damit spielen, »passive Bewaffnung« anzuwenden, wie Sonnenbrillen, Regenschirme und Styroporschilder.
Werden Gewerkschafter mitmachen?

Die Spitzen der Gewerkschaften werden mutmaßlich wie üblich lieber zusehen, welche Politik sie gemeinsam mit der Bundesregierung machen können. Die linke Basis der Gewerkschaften wird mit uns gemeinsam dagegen protestieren. Ver.di Stuttgart wird wieder dabei sein.
Welche Aktionen hat es im Zusammenhang mit der Euro Finance Week gegeben?

Am Montag hatten wir deren Teilnehmer mit Kritik begrüßt; am Mittwoch abend gegen Charter-Gesellschaften protestiert, die sich an der Abschiebung von Flüchtlingen beteiligen – und gegen die Ausbeutung der Beschäftigten am Frankfurter Flughafen! Und wir haben einer Frankfurter SPD-Versammlung einen Besuch abgestattet, um zu verdeutlichen, daß wir den Umgang ihrer Hamburger Genossen mit den Lampedusa-Flüchtlingen kritisieren.


Lärmdemo gegen Euro Finance Week, Frankfurt am Main, Alte Oper, 14 Uhr, www.blockupy-Frankfurt.org
http://www.jungewelt.de/2013/11-22/023.php

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  • Erstellt von Netpress-Admin In der Kategorie Allgemein am 22.11.2013 11:11:00 Uhr

    zuletzt bearbeitet: 22.11.2013 11:11
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